4/4/4 | Programmlinien / Programmlinien erste Phase / Biographie Thomas Bernhard
Biographie Thomas Bernhard
Seitdem der Nachlass Bernhards durch die Errichtung eines Thomas-Bernhard-Archivs im Jahr 2001 der wissenschaftlichen Aufarbeitung zugeführt wurde, ist die Grundlage für die seit 2003 laufende 22-bändige Werkausgabe im Suhrkamp Verlag, aber auch für eine ausführliche biographische Darstellung gegeben. Im Bernhard-Archiv in der Villa Stonborough-Wittgenstein in Gmunden sind umfangreiche Konvolute von Typoskripten mit Vorstufen und Endfassungen von Bernhards Werken sowie eine große Zahl an privaten Dokumenten für die Forschung zugänglich; auch ein wesentlicher Teil der Korrespondenz, die sich ursprünglich im Privatarchiv der Familie befand, konnte übernommen werden, insbesondere die Verlags- und Theaterkorrespondenz. Dadurch ist eine Reihe von werkgeschichtlichen Korrekturen möglich geworden, außerdem können unpublizierte Texte vor allem aus Bernhards Frühzeit, die deutliche autobiographische Bezüge enthalten, erstmals berücksichtigt werden.
Im Rahmen dieser Programmlinie erschien bereits 2006 eine erste kurze Lebensdarstellung des Autors in der Reihe „Suhrkamp BasisBiographien“. 2009 kuratierte Manfred Mittermayer zusammen mit Martin Huber, dem Leiter des Thomas-Bernhard-Archivs, für das Österreichische Theatermuseum in Wien die umfangreiche Ausstellung „‚Österreich selbst ist nichts als eine Bühne'. Thomas Bernhard und das Theater" (5.11.2009–4.7.2010). Einen weiteren Niederschlag der biographischen Forschung bilden die lebens- und werkgeschichtlichen Kommentare für insgesamt fünf Bände der Thomas-Bernhard-Werkausgabe, die während der Laufzeit des Projekts erscheinen.
Die Arbeit innerhalb der Programmlinie wird mit der Fertigstellung einer umfassenden Biographie über Thomas Bernhard ihren Abschluss finden. Sie soll über die detaillierte Erforschung und Darstellung des im Bernhard-Archiv überlieferten Materials zu neuen Erkenntnissen über das künstlerische Erscheinungsbild des Autors gelangen. Dabei wird das Element der Selbstinszenierung, das Bernhards öffentliches Auftreten und seine Wirkung entscheidend geprägt hat, besonders zu bedenken sein. Die Persönlichkeit Thomas Bernhards ist aber auch in die politischen Abläufe der österreichischen Zeitgeschichte einzufügen, ebenso wie seine literarische Arbeit nicht nur als abgeschlossenes OEuvre gesehen werden soll, sondern als Konstruktion einer literarischen Stimme aus anderen Texten, die ihrerseits auf die Schreibweise anderer AutorInnen weiter wirkt.
Kontaktperson: Manfred Mittermayer